„Mitarbeiter, die mehr können als man selbst, bringen das Unternehmen voran und mich persönlich auch“
Alexander Gedat
Alexander Gedat, Beirat und Beiratsvorsitzender mehrerer mittelständischer Bekleidungshersteller, wurde 1997 nach kurzer Zeit als Geschäftsleiter einer Marc O’Polo Tochter zum CFO der Gruppe berufen. 2003 kam der Vertrieb zu seinem Verantwortungsbereich hinzu, 2012 wurde er CEO und Vorstandsvorsitzender bis 2017. In diesen Jahren war er maßgeblich an der Entwicklung der Marke beteiligt.
Was lieben Sie an ihrem Job?
In meiner Verantwortung als Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglied für Unternehmen der Bekleidungsindustrie unterstütze ich mit großer Freude ein paar wenige ausgewählte Unternehmen dabei erfolgreich zu werden oder zu bleiben. Meine Basis dafür sind über 20 Jahre Erfolg bei Marc O’Polo, denen ich einen sehr guten Ruf für mein fundiertes Knowhow in unserer Branche verdanke.
Über allem steht für mich der Freiraum etwas zu gestalten und zu bewegen. Meine Maxime war auch in den Jahren bei Marc O´Polo schon immer, mir etwas auszudenken und zu entwickeln und sobald ich es konnte, es an andere abzugeben. Wenn ich um Hilfe gebeten wurde, habe ich es natürlich erst einmal vorgemacht und Unterstützung gegeben, Rückdelegation jedoch habe ich niemals akzeptiert. Ich selbst wollte frei sein und habe erkannt, dass ich es nur bin, wenn meine Mitarbeiter auch frei sind. Also habe ich delegiert und vertraut. Ich wurde nur sehr selten enttäuscht aber habe trotzdem weiter vertraut. Sonst hätte ich vieles wieder selbst machen müssen und hätte keine Energie und Zeit gehabt, mir Neues auszudenken.
Je wichtiger und anspruchsvoller die Herausforderung wurde, desto besser und konzentrierter wurde ich, dann war ich die Ruhe selbst und entwickelte sehr gute Ideen. Ich habe sehr schnell erkannt, dass ich selbst nur wachsen kann, wenn mein Umfeld wächst. Als ich bei Marc O’Polo anfing waren wir 45 Mitarbeiter und zum Schluss 2.000 Mitarbeiter. Ich habe es geliebt, gemeinsam mit den Mitarbeitern Marc O’Polo als vertrauensvolle Marke zu präsentieren und aufzubauen und immer eine Gewinnsituation zu kreieren.
Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten und sie davon zu begeistern etwas Neues zu probieren. Ich habe festgestellt, dass Menschen Angst vor Veränderung haben, vor allem dann, wenn man ihnen den Boden unter den Füßen wegzieht. So habe ich immer viel Wert daraufgelegt, auf Bewährtes aufzubauen und bei Veränderungen immer auch zu kommunizieren, was bestehen bleibt. Dies hat meinen Mitarbeitern die nötige Sicherheit geben, sich mutig auf Veränderungen einzulassen. Und ich bin stets mit großer Freude und mit unheimlich viel Begeisterung und Energie vorgegangen.
Was ist der beste Rat zum Thema Führung, den Sie je bekamen?
Ich habe zum Thema Führung extrem viele Bücher gelesen und Weiterbildungen gemacht aber es gab nie einen ganz bestimmten Ratschlag, der für mich von besonderer Bedeutung gewesen wäre.
Als Quintessenz aller Fortbildungen habe ich erkannt wie wichtig es ist, statt von Angst von Liebe dominiert zu sein. Nur das führt zu Vertrauen und Offenheit, Selbstvertrauen und Zuneigung.
Was macht für Sie gute Führung aus?
Es ist unabdingbar, dass Mitarbeiter Vertrauen in die Führungskraft haben. Dies hängt sehr eng mit dem Gefühl von Sicherheit, Respekt und Wertschätzung zusammen, was ihnen durch die Führungskraft vermittelt wird. Ich habe als Hilfestellung für meine Führungskräfte objektive Kriterien für Wertschätzung und Respekt definiert, wie z.B. jeden Mitarbeiter mit Namen anzusprechen und jedem Mitarbeiter mit der Hand Geburtstagsgrüße zu schreiben. Wertschätzung bedeutet auch zugewandt zu sein, den Mitarbeitern zuzuhören und sich in sie reinzuversetzen ohne dabei parallel etwas anderes zu machen.
Er ist sehr viel leichter gut zu führen, wenn man sich für Menschen interessiert. Jeder Mensch hat etwas Besonderes und es geht darum genau dies herauszufinden. Vielleicht ist jemand nur deshalb fürchterlich, weil er nicht das tut, was er am liebsten machen möchte. Wenn man dann mit der Person nur über das spricht, was die Person wirklich interessiert, auch wenn es mit dem Business vielleicht nichts zu tun hat, dann gibt es meist große Akzeptanz- und Vertrauenssprünge.
Darüber hinaus ist es wichtig, immer in Win-Win zu denken, Kunden und Mitarbeitern als Mensch auf Augenhöhe zu begegnen. Dann kann man auch sagen „Herr So-und-so, das ist jetzt nicht gut, wenn Sie gewinnen und ich verliere. Das ist nicht gut für Sie und nicht gut für mich“.
Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der überlegt Führungsverantwortung zu übernehmen?
Man sollte nur dann Führungskraft werden, wenn man es wirklich will und Interesse an Menschen hat. Man sollte sich dessen bewusst sein, dass es bei Menschen kein „schwarz oder weiß“ gibt, sondern sehr viele Farbschattierungen, die jeweils ein anderes Führungsverhalten erfordern.
Es wird viele Situationen der Unsicherheit geben. Hier habe ich für mich einen Ansatz entwickelt, der auch für andere hilfreich sein kann. Es geht darum, sich in einer Situation der Unsicherheit sicher zu fühlen in dem man sich sagt „Ich fühle mich sicher in einer Situation der Unsicherheit“. Ein Beispiel: Beim Skifahren ist es nebelig. Was macht man? Langsamer fahren und mehr in die Knie gehen. Wenn die Sichtverhältnisse unübersichtlicher werden, muss ich mein Verhalten anpassen: ich fahre ein bisschen langsamer, schaue ein bisschen genauer, konzentriere mich noch mehr. Und wenn ich in ein neues Land fahre, bin ich auch erstmal respektvoll, schaue was die anderen so machen und spreche mit den Menschen, stelle ihnen Fragen. Wenn man vernünftig fragt, wird einem immer geholfen.
Man braucht als Führungskraft definitiv ein gutes Selbstbewusstsein und Frustrationstoleranz – ohne geht es nicht. Diese helfen, mit sich selbst ein bisschen großzügiger sein und mit Niederlagen umgehen zu können oder damit, dass die Mitarbeiter mal nicht das tun, was man will. Außerdem sollte man kein zu großes Harmoniebedürfnis haben, da man auch Konflikte aushalten und „nein“ sagen können muss.
Und wenn etwas schief geht, geht es nicht um Schuld oder Rechtfertigung. Es ist dann wichtig zu fragen „Was tun wir jetzt? Was konkret machen wir jetzt um die Situation zu verbessern?“
Sind Sie schon einmal an Ihre Grenzen gestoßen und was haben Sie getan um sie zu überwinden
Aus Überzeugung habe ich immer Leute eingestellt, die besser waren als ich. Mitarbeiter, die mehr können, bringen das Unternehmen voran und mich persönlich auch. Einmal habe ich einen Mitarbeiter eingestellt, der viel intelligenter und deutlich besser ausgebildet war als ich – mit Einser-Abitur, Doppelstudium, Promotion …. Er war unglaublich arrogant und meinte alles besser zu wissen. Ich habe es offen angesprochen. „Du, jetzt sei nicht so arrogant zu mir, sondern erkläre es mir, weil ich zwar nicht so intelligent bin wie du aber es verstehen möchte.“ Damit hatte ich ihn entwaffnet und er merkte, dass ich keine Angst davor habe zu zeigen, dass ich etwas nicht weiß oder nicht kann. Es war eine sehr gute Entscheidung, diesen Mitarbeiter einzustellen, er war extrem clever und ich war sehr stolz, dass er für Marc O’Polo gearbeitet und hier sehr viel vorangebracht hat.
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